Ein langersehnter Traum wird wahr. Noch einmal Korsika. Früher haben wir hier zwei wunderschöne Familienurlaube verbracht. Was mein Kopf mit dieser kleinen französischen Insel im Mittelmeer verknüpft hat ist der Duft. Viele der pflanzlichen Bewohner strotzen nur so vor ätherischen Ölen, die sie bereitwillig mit uns teilen. Auch wenn dies vielen Mittelmeerzielen vergönnt ist, ist der korsische Duft einzigartig. Die einheimischen Spezialitäten sind ein Gaumenschmaus. Die Freiheitsliebe der Korsen spiegelt sich auch bei der Tierhaltung wieder. Auf dem Weg begegneten uns eine freie Zebu- und Pferdeherde sowie Spuren der Korsischen Hausschweine. 

Da wir jedoch nicht nur die oberirdische Landschaft erkunden wollten, recherchierte ich nach Tauchschulen in Korsika und wurde bald fündig. Eine deutsche Tauchschule in meinem favorisierten Gebiet Porto Vecchio Nähe Palombaggia. Die Tauchschule „Hippocampe“ wird von Nadine und Wolf Pfahler seit 2016 geleitet. Sie wurde jedoch bereits 1981 von der deutschen Karin Schuller gegründet. Karin durften wir sogar bei einem Tauchgang durch Zufall persönlich kennen lernen und ihren spannenden Geschichten lauschen. Der Kontakt lief über Nadine, die mir wirklich freundlich Auskunft gab. Außerhalb der Saison war es möglich, dass wir zunächst nur die ersten zwei Tauchgänge gebucht haben und dann spontan für den nächsten Tag entschieden, ob und wie oft wir tauchen. Es gab keine Kommunikationsprobleme, da selbst die beiden Tauchlehrer nicht nur französisch, sondern auch englisch und einige tauchrelevante Brocken deutsch sprachen. Uns begleiteten Déborah und Francois. In beiden stecke noch die kindliche Begeisterungsfähigkeit für die Wunder der Natur unter Wasser. Man merkte keine Langweile über ein Tauchgebiet, das sie schon viele Jahre präsentieren. Eher im Gegenteil. Jeder Tauchgang war eine neue Entdeckungsreise. Man wurde sehr herzlich aufgenommen. Taucher, die gerade mit dem Tauchen beginnen oder ihr lange nicht genutztes Tauchwissen auffrischen wollten, wurden gut betreut. Bis auf die Flaschen haben wir unsere eigene Ausrüstung mitgenommen. Es wäre natürlich auch möglich, dort alles zu leihen. 

Tauchlehrerin Déborah lässt mich einen Seeigel untersuchen

Dann auf ins Boot. Wolf erklärte uns, dass jedes Wetter so seine Vorteile hätte. Zunächst hatten wir ein paar Tauchgänge ruhige See und eine unglaubliche Sichtweite. Dann raute die See ein wenig auf. Auf dem Rand des Bootes sitzend mit einem Seil zum Festhalten in der Hand, hatte man das Gefühl ein bockendes Seepferd zu reiten. Auf diese Metapher stößt man nicht ohne Grund. Ein Hippokamp war in der griechischen Mythologie ein Mischwesen aus Pferd und Fisch und der Begriff „hippocampe“ bedeutet im französischen „Seepferdchen“. Auch der Stempel der Tauschschule weist darauf hin. Ein nacktes Taucherpaar reitet dort auf einem Seepferd. Die Strömungen der rauen See bergen andere Vorteile. Es werden viele Schwebteilchen von den Riffen gelöst. Diese bieten Nahrung für ordentlich Kleinfisch, der die größeren Jäger anlockt. Außerdem bietet dieses Wetter auch wirklich das Gefühl in einem Meer und nicht in einem großen See zu tauchen. Dies merkte man besonders, als wir einen Tauchspot im offenen Meer ohne den Schutz kleinerer Inseln besucht haben. Die starke Strömung lies das Taucherlebnis auch zu einem sportlichen Ereignis werden. Insgesamt bietet die Tauchschule 25 Tauchplätze mit Tiefen zwischen 3 m und 40 m an. Da die Tauchbasis in einem Naturschutzgebiet liegt, ist die Unterwasserflora und -fauna fast unberührt. Die zentrale Lage der Basis ermöglicht es schnell an den Tauchspots zu sein. Ein weiterer Vorteil ist, dass man in der Hochsaison auch vor den anderen Tauchschulen an den Plätzen ist. Neben Riffen, Steilabfällen und kleinen Höhlen bietet das Tauchgebiet auch zwei Wrack. Das Wrack „Le Pinella“ oder auf Deutsch „Das Wrack der Betrunkenen“ durften wir erkunden. Bei dem Untergang des Schiffes kamen keine Menschen ums Leben. Das Schiff wurde gegen einen Felsen bei einem Leuchtturm gelenkt. Man geht davon aus, dass die Crew entweder betrunken war oder es sich um einen Versicherungsfall handelte. Das Schöne an diesem Wrack ist, dass es nicht auf die Seite gekippt ist, wie es sonst bei vielen Booten der Fall ist. Karin S. berichtete uns, dass das Boot damals verlängert wurde und die Stelle mit Beton verstärkt werden musste. Dadurch wird das Wrack unter Wasser in einer aufrechten Lage stabilisiert. Es war sogar möglich, in das Innere des Wracks zu tauchen. Indem man mit den eigenen Luftblasen einen kleinen Luftraum im Wrackinneren gefüllt hat, in dem man auch auftauchen konnte, war es möglich einen kleinen Teil von sich zu hinterlassen. Diese Spuren von vorherigen Tauchern waren an vielen der Hohlräume zu beobachten. Neben den unbelebten Attraktionen gab es auch viel Leben zu beobachten. Überall grummelige Zackenbarsche in allen Größen und Farbvariationen, neugierige Meerpfauen und Meerjunker, abertausende von kleinen Mönchsfischen, viele Brassenarten, ein riesiger Barrakudaschwarm, der uns umringt hat, Goldstriemen beim Grasen in der Gruppe, jagende Bernsteinmakrelen, grimmig motzende Muränen, Nacktschnecken in den bezauberndsten Farbvarianten, langarmige Purpursterne, versteckte Seeigel, gut getarnte Drachenköpfe, schreckhafte Kalkröhrenwürmer und eine farbenfrohe Pracht an Anemonen, Algen, Manteltieren, Schwämmen und Korallen. 

Korsika ist eine Reise wert. Zumindest für alle, die nicht nur einen durchgestylten Schickimickiurlaub möchten, sondern die rustikale Seite der Natur kennen lernen und sich von der wilden Schönheit bezaubern lassen wollen.

Fluss Cavo mit einer der vielen Badestellen